Kleintiere schonen – Mähtechniken im Vergleich
In Österreich wurde untersucht, wie sich verschiedene Mähtechniken auf Insekten in unterschiedlichen Mähwiesen unter praxisüblichen Bedingungen auswirken.
31.10.2023
Insekten sind in Wiesen meist in hoher Individuenzahl vorhanden. Wie hoch deren Verluste beim Mähen von Wiesen in der Praxis sind, wurde in einer umfangreichen Studie in Oberösterreich untersucht und deren Resultate nun präsentiert. In dem vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft finanzierten Projekt untersuchte eine Expertengruppe von Maschinenring, Landwirtschaftskammer, Forschungsanstalt BLT Wieselburg, selbständigen Biologen, Maschinenfabrik Pöttinger und der Wiener Universität Boku, wie sich verschiedene Mähtechniken auf Insekten in unterschiedlichen Mähwiesen unter praxisüblichen Bedingungen auswirken.
Es wurden fünf verschiedene Mähvarianten getestet:
- Doppelmessermähwerk
- Scheibenmähwerk
- Scheibenmähwerk mit Aufbereiter
- Scheibenmähwerk mit Aufbereiter und Schutz-/Scheuchvorrichtung Striegel
- Scheibenmähwerk mit Aufbereiter und Schutz-/Scheuchvorrichtung Abweiserblech
Die Mähvarianten wurden an insgesamt acht Versuchstagen in den Jahren 2021 und 2022 auf vier- bis fünfmal gemähtem Grünland und ein- bis zweimal gemähten Naturschutzflächen im oberösterreichischen Alpenvorland getestet. Das Insektenvorkommen wurde dabei vor dem Mähen und die Insektenverluste danach auf diesen Flächen untersucht: Wegfliegende Insekten wurden mit Netzen eingefangen, das Mähgut durchsucht und der Boden abgesaugt. Im Anschluss wurden die noch lebenden und geschädigten Insekten gezählt und die Ergebnisse statistisch ausgewertet.
Erkenntnis 1: Unterschiede zwischen Mähtechniken gegeben
Das Doppelmessermähwerk war mit weniger als 5% Insektenverlusten die insektenschonendste Variante. Herkömmliche Scheibenmähwerke lagen mit unter 10% aber nur knapp darüber. Bei Verwendung von Mähaufbereitern erhöhten sich die Insektenverluste im Schnitt auf rund 15 bis 20%. Getestete Schutz- und Scheuch-Vorrichtungen brachten keinen signifikanten Beitrag zum Insektenschutz. Vor allem bei Mähaufbereitern konnte beobachtet werden, dass grössere Insekten einem überproportional grösseren Verletzungsrisiko ausgesetzt sind. In der Praxis gibt es bezüglich der Sterblichkeitsrate Unterschiede zwischen den Insektengruppen. Hummeln und Honigbienen sind schnell genug, um vor den Mähwerken zu fliehen. Sie waren vor dem Mähen häufiger zu finden als nach dem Mähen. Aber die Datengrundlage lässt kein statistisch abgesichertes Ergebnis zu. Wenn Hummeln oder Honigbienen jedoch vom Mähwerk erfasst wurden, so wurden diese in etwa genauso häufig geschädigt wie andere Insekten derselben Grössenkategorie.
Erkenntnis 2: Anpassung der Technik birgt Potenzial
Da im Früh- und Hochsommer die Insektenanzahl am höchsten ist, könnte zu dieser Zeit der Verzicht auf Mähaufbereiter wesentlich zur Insektenschonung beim Mähen beitragen. Die Studienerkenntnisse zeigen das Potenzial auf: Wenn Mähaufbereiter im Mähwerk verbaut sind, können sie nicht einfach weggelassen werden. Dadurch kommen sie üblicherweise bei jedem Mähdurchgang zur Anwendung.
Projektleiter Johannes Hintringer meint dazu: «Gerade in den heissen Sommermonaten mit hohem Insektenaufkommen brauchen die Landwirte die Aufbereiter oft nicht zwingend. Diese wegzulassen könnte eine Win-Win-Situation für Insekten und Landwirte sein. Ermöglichen die Mähwerkshersteller den Landwirten, den Mähaufbereiter fallweise auf einfache Art und Weise wegzulassen oder auszuklappen, wäre dies ein einfach zu realisierender Beitrag Insekten zu schonen.»
Erkenntnis 3: Auf ertragsreichen Wiesen sollte auf Insektenschonung geachtet werden
Bestimmte Insektenarten finden auch im ertragsbetonten Grünland Lebensraum und Nahrung und können dort in wesentlich höheren Dichten vorkommen als auf vergleichsweise weniger häufig gemähten und gedüngten Grünflächen. Speziell in den Sommermonaten kann daher die absolute Zahl der geschädigten Insekten pro Fläche auf ertragsbetontem Grünland bei gleicher Mähmethode signifikant höher liegen als auf weniger ertragsbetonten Flächen. Biologe Dirk Schorkopf erkennt: «Fazit daraus ist, dass wir die Notwendigkeit von Insektenschonung auf allen Grünlandflächen beachten müssen, nicht nur auf den artenreichen Magerwiesen.» In ungedüngten ein- oder zweimal gemähten Wiesen leben oft seltene Insektenarten, weshalb hier die Verwendung der insektenschonendsten Mähtechniken zum Überleben dieser Arten beitragen kann.
Generelles Fazit und Schlussfolgerungen
- Die Mähaufbereiter sollten einfacher ausgebaut werden können (Auftrag an Landtechnikhersteller)
- Über die gesamte Verfahrenskette kann (noch) keine Aussage getätigt werden: Ein Mähaufbereiter erspart einmal Zetten, das möglicherweise auch einen negativen Einfluss auf das Überleben von Insekten hat
- Überlebensraten der Insekten bei diesem praxisnahen Versuchsansatz war höher als bei früheren Studien